Als Herrn Roland Heineck im Sommer 2003 auf ein innovatives Angebot der Firma SenerTec stieß, war er sofort begeistert. Deren Anlage könne Häuser aller Größen heizen, den CO2-Ausstoß um bis zu 47% senken und dabei auch noch mehrere Tausend Euro pro Jahr einsparen. Das Geheimnis dahinter war die Koppelung der Erzeugung von Strom und Wärme. Das hebt den WIrkungsgrad im Vergleich zu einem rein stromerzeugenden Großkraftwerk von 60% auf ganze 80% bis 90%. Aber so wollte es der chemnitzer Stromversorger Enviam, Tochtergesellschaft von RWE, nicht und verklagte Heineck kurzerhand. Da er mit der Anlage auch seine Mieter versorge, betreibe er eine öffentliche Stromversorgung, wozu er keine Lizenz habe.
Dies ist aber nur eines von vielen Beispielen einer umfassenden Blockadestrategie der Stromversorger gegen umweltfreundliche und erneuerbare Energien. Neben der Anschlußverweigerung bietet etwa das Auskaufen mit Niedrigpreisen gegen den Bau neuer Anlagen eine weitere Vorgehensmethode. Der ebenhin beschriebene Rechtsstreit konnte inzwischen glücklicherweise, wenn auch erst mit zwei Jahren Verzögerung, beigelegt werden.
Nun fördert aber die deutsche Bundesregierung seit dem Jahr 2000 mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz Solar, Windkraft, Biogas- und Geothermie-Generation mit 20 Jahre garantierten Vergütungssätzen, die ab Erbauung jährlich sinken. Dies macht die Errichtung solcher Anlagen auch für Privatleute attraktiv, während die Energieriesen lieber die satten Gewinne längst abgeschriebener Kohle- und Atomkraftwerke einfahren. Die Vergütungssätze zur Einspeisung von Strom dürfen die Netzbetreiber auf alle Stromkunden umlegen. Dadurch stieg der Preis für eine Kilowattstunde Strom gerade einmal um 0,75¢, während der Großhandelspreis von Strom durch die zusätzlichen Konkurrenz der Kleinerzeuger um ganze 10-20¢ geringer ausfiel. Das spart Betrieben und Haushalten zwei bis drei Milliarden Euro pro Jahr bei Mehrkosten von lediglich 1,1 Mrd. Euro.
Anders beim Bau von Windkraftwerken auf hoher See. Dort bläst der Wind im Schnitt doppelt so stark; eine fast unerschöpfliche Energiequelle mit achtmal höherem Stromertrag. Anders als am Land rentiert sich aber der Bau von Windpropellern im tiefen Wasser nur in großer Stückzahl. Auf der Suche nach einem kapitalstarken Partner war es da für Eon ein leichtes alle wichtigen deutschen Projekte für Windkraftanlagen wie im Arkona-Becken Südost, 35 Kilometer nördlich der Insel Rügen, vor der holsteinschen Ostseeküste oder ein weiteres vor der Insel Amrum einfach aufzukaufen. Anfangs ließen es die Eon-Manager so aussehen als wären sie tatsächlich an deren Umsetzung interessiert; in Wirklichkeit sicherten sie sich aber nur die Rechte für den Bau, um die Projekte dann auf Sand laufen zu lassen. Damit war Eon vor unliebsamer Konkurrenz sicher.
Obwohl Europas Strommärkte seit 1999 formal liberalisiert sind, können die Oligopolisten weiterhin echten Wettbewerb weitgehend unterbinden. Nur so war es möglich, daß sie in Deutschland in den Jahren von 2000 bis 2007 die Preise um bis zu 40% anhoben, während die Stromerzeugungskosten annähernd konstant blieben. Dementsprechend sind die Gewinne der Stromriesen regelrecht explodiert. Die Eon AG konnte ihre Gewinne etwa auf 7 Mrd. Euro verdreifachen.
Dies vor allem deshalb weil die Oligopolisten mit ihrer Kontrolle über Netz und Kraftwerke echten Wettbewerb weitgehend verhindern können. So können diese die Vergütungssätze für die Stromeinspeisung einfach so niedrig ansetzen, daß sich die Stromerzeugung für Drittanbieter nicht mehr lohnt. In den Niederlanden, wo das Netz in Hand des Staates ist, werden etwa 40% des Stroms in Kraftwerken erzeugt, die auch Wärme liefern, in Dänemark sind es ganze 50%; und das während der Anteil der Kraft-Wärmekopplung in Deutschland gerade einmal auf 12% kommt. Doch das ist nicht alles. Vor der holsteinschen Nordseeküste verweigerte etwa der EON-Konzern den dringend nötigen Ausbau des Netzes, sodaß dort bei Starkwind ganze Windparks abgeschaltet werden müssen.
Ginge es nach dem Vorschlag der niederländischen Wirtschaftspolitikerin und amtierenden EU-Komissarin für Wettbewerbsfragen, Neelie Kroes sowie ihres für Energie zuständigen Kollegen Andris Piebalgs, dann müßten die Energiekonzerne europaweit die Netze zur Verteilung von Elektrizität und Erdgas an den Staat oder neutrale Unternehmen verkaufen, die nicht selbst mit der Gewinnung von Strom und Gas befaßt sind. Da erscheint es vollkommen unverständlich, daß ausgerechnet die deutsche Klimakanzlerin Angela Merkel und ihr Vize, Außenminister Frank-Walter Steinmeier sich schützend vor die Konzernmächtigen stellten und in Brüssel ihr Veto gegen eine Trennung von Netz und Erzeugern einlegten.
Zur Überraschung der Konzernlobbyisten ließ sich denn EU-Komissarin Neelie Kroes auch nicht vom Widerstand der Regierung in Berlin und anderen EU-Staaten einschüchtern. Tatsächlich fanden EU-Beamte bei umfassenden Durchsuchungsaktionen der insgesamt vier deutschen Stromkonzerne zahlreiche Unterlagen, mit denen massive Verstöße gegen das europäische Kartellrecht nachgewiesen werden konnten. Als dem EON-Konzern Anfang 2008 eine Geldstrafe in Milliardenhöhe drohte, ließ sich dieser auf einen Ausgleich ein, der EON verpflichtete einen Teil seines Hochspannungsnetzes und ein paar Kraftwerke zu verkaufen. Unbeirrbar kündigte daraufhin Kanzlerin Angela Merkel an, sie wolle gleichwohl die anderen drei Konzerne vor einer Abspaltung ihrer Netzbetriebe schützen.
Auch mehrere frühere SPD-Wirtschaftsminister und Staatssekretäre stehen in den Diensten von RWE oder EON und waren aktiv daran beteiligt, deren Monopolmacht auszubauen. Gleichzeitig verteidigen die beiden SPD-nahen Gewerkschaften IG Bergbau, Chemie, Energie und ver.di eisern die alten Konzernstrukturen. Die Dienstleistungsgewerkschaft organisierte im Februar 2007 eigens eine Demonstration mit rund 20000 Arbeitern aus dem Kohlebergbau in der Berliner Innenstadt gegen mögliche Klimaauflagen. Das obwohl gerade die erneuerbaren Energien unzählige Arbeitsplätze schaffen und eine erhöhte Wertschöpfung im Land ermöglichen.
Die Deckung der Strom-Monopolisten durch Regierungen erscheint umso unverständlicher als sich selbst die Deutsche Bank eindeutig für „die vollständige Trennung der Erzeuger von den Netzen” ausgesprochen hat. Angesichts dessen, daß „die jahrzehnte lange Akkumulation von Kapital” nur deshalb zustande gekommen sei, „weil Monopolrenditen erwirtschaftet wurden” erscheine die Eigentumsfrage „in einem anderen Licht”. Die doppelte Kontrolle über Produktion und die Infrastruktur zur Verteilung von Elektrizität verschafft den Oligopolisten nämlich eine Macht, die fortwährend ökonomischen und ökologischen Schaden anrichtet.
Unabhängige Netzbetreiber würden auch die bisherigen Engpaßstellen an den Grenzen beseitigen; aus eigenem Interesse. Wäre der Zugang zu den Netzen frei, hätte wohl auch der „Desertec-Plan” des Club of Rome eine echte Realisierungschance, der den Bau solarthermischer Kraftwerke in den nordafrikanischen Staaten vorsieht. Die Übertragungstechnik für Strom über derart weite Strecken ist jedenfalls verfügbar.
Entgegen den Behauptungen von Konzernlobbyisten wäre es nämlich durchaus möglich 100% des Strombedarfs aus erneuerbaren Energiequellen zu decken. Diese hatten dereinst behauptet langfristig seien maximal 4% des Energiebedarfs aus Erneuerbaren zu decken, was bereits 2007 mit einem Anteil von 14% an erneuerbaren Energien widerlegt war. Einerseits könnte der europaweite Zusammenschluß von Solar- und Windkraftwerken Leistungsspitzen und Flauten ausgleichen, andererseits gibt es sehr wohl Möglichkeiten elektrischen Strom zu speichern. Bereits in Betrieb sind sog. Speicherkraftwerke, die, falls gerade weniger Strom benötigt als produziert wird, das Wasser einfach hochpumpen anstatt es zur Stromerzeugung herunterfließen zu lassen. Unterirdische Druckluftspeicher, H2O-Elektrolyse für Brennstoffzellen oder Schwungräder könnten eine ähnliche Funktion erfüllen. Mit zunehmender Verbreitung von Sonnenkollektoren fällt zudem auch deren Preis, sodaß bei gleichbleibenden Zuwachsraten spätestens bis 2015 Solarstrom sogar im verregneten Deutschland nicht teurer sein sollte als Strom aus dem Kraftwerk. Kritiker behaupten dieser Punkt sei sogar schon viel früher erreicht und halten der Solarindustrie vor eine mögliche Preisabsenkung von Sonnenkollektoren hinauszuzögern, um noch länger von Förderungen profitieren zu können. Ein EU-weit einheitliches Fördergesetz wäre hier zielführend.
Gern ins Treffen geführt wird auch die Landschaftszerstörung durch Windräder, wobei hier aber der Kohletagbau in Deutschland mit seiner Zerstörung von Kulturland und der Vertreibung der Bewohner keineswegs viel besser abschneidet. Das Einspeisungsgesetz für Windenergie hatten die verantwortlichen Manager schon in den 90er Jahren bis hinauf zum Europäischen Gerichtshof vergeblich zu Fall zu bringen versucht. Kein Wunder machen doch die erneuerbaren Energien ihr bisheriges Geschäftsprinzip zum Auslaufmodell.
Lars Göran Josefsson, Vorstandsvorsitzender von Vattenfall gibt sich gerne umweltbewußt, weist auf die Gefahren des Treibhauseffektes hin und engagiert sich als klimapolitischer Berater von Angela Merkel. Gleichzeitig fährt er jedoch mit seiner Firma als zweitgrößter Klimaschädling Europas einen Kurs, der den Klimaschutz in Deutschland regelrecht torpediert. Seine drei ostdeutschen Kraftwerkszentren verbrennen besonders umweltschädliche Braunkohle und setzen damit pro Kilowattstunde mehr als doppelt so viel CO2 frei wie ein Erdgaskraftwerk. Trotzdem ist ein weiterer Braunkohleblock im sächsischen Boxberg in Bau; zwei Steinkohlekraftwerke sind überdies fest eingeplant. Werden diese Vorhaben tatsächlich realisiert, dann wird die Bundesregierung schon alleine dadurch ihr Emissionsziel bis 2020 verfehlen, wie selbst Umweltminister Sigmar Gabriel nach hartnäckigem Nachfragen der Umweltorganisation Greenpeace einräumen mußte. Selbst bei Ersetzung der bestehenden Kraftwerke durch die neuen, was aber gar nicht vorgesehen ist, würde dies die Kapazitäten um ein drittel erweitern.
Als Vorwand zur Rechtfertigung der neuen Kohlekraftwerke dient dabei ein Verfahren, das es noch gar nicht gibt und das den Verbrauch an Kohle erhöhen und die Produktionskosten gut verdoppeln würde: Die CCS-Technologie (Carbon Capture and Storage) sieht vor das bei der Verbrennung erzeugte CO2 abzutrennen und über ein Leitungsnetz in eine Endlagerstätte zu verfrachten, wobei angeblich bis zu 90% der Treibhausgase zurückgehalten werden können. Abgesehen davon, daß man sich schwerlich sicher sein kann, daß das CO2 in der geologischen Zielformation auf immer und ewig gespeichert bliebe, ohne je zu entweichen (Zeitbombe?!), gäbe es beim Nachrüsten alter Kohlekraftwerke, mindestens ebenso schlimm, ein enormes Sicherheitsproblem. CO2 ist schwerer als Luft und ab einem Anteil von 8% in der Atemluft tödlich. Nicht auszudenken was bei einem Leck in der Pipeline passieren würde. Eine mögliche Lösung hierfür wäre es nun den Einsatz der CCS-Technologie für die Erbauung neuer Kohlekraftwerke zwingend vorzuschreiben, sodaß Kraftwerke direkt auf der geologischen Zielformation errichtet werden könnten und so der Bau eines möglicherweise riskanten CO2-Leitungsnetzes oder gar der CO2-Transport mit LKWs entfällt.
Der Bau der geplanten Kohlekraftwerke ist aber um so mehr das falsche Signal an die Weltgemeinschaft, als sich Deutschland als eine Art Leitnation in Sachen Klimaschutz etablieren konnte und damit ein Vorbild für den Rest der Welt abgibt. So dient die zukünftige Nachrüstbarkeit mit der CCS-Technologie von China über Kanada als Vorwand zum Bau neuer Kohlekraftwerke. Die Förderzuschüsse für CCS-Anlagen von bis zu 40% wären in einer Beteiligung am Destertec-Programm, der Förderung heimischer Alternativenergie, erhöhter Verbrauchseffizienz oder von Kraft-Wärme Kopplung viel besser investiert. Schon heute ist es möglich Null- oder Plusenergiehäuser zu bauen, in denen mehr Energie erzeugt als verbraucht wird. Eine Umgestaltung der Wohnbauförderung wäre hier wohl zielführend.
Hätte man nur dieselben überhöhten Förderbeträge, mit denen die Atomenergie jahrelang subventioniert worden ist, in den Ausbau erneuerbarer Energien gesteckt, könnten diese wohl schon heute problemlos in Konkurrenz zu fossilen Energieträgern treten. Das Hauptproblem für die Durchsetzung erneuerbarer Energien besteht jedoch nicht einmal so sehr in fehlenden Förderungen oder in den noch vielen möglichen technischen Verbesserung sondern in der Monopolmacht zentralistisch organisierter Großunternehmen, die mit dem gleichzeitigen Besitz über Leitungsnetz und Stromerzeugungskapazitäten die Energieeinspeisung alternativer Anbieter konsequent zu verhindern suchen.
Auch wenn es angesichts der drängenden Klimafrage und den aus der Monopolmacht erwachsenden Nachteilen für die Konsumenten vollkommen unverständlich erscheint, daß die beiden Großparteien CDU/CSU und SPD die großen Energiekonzerne weiterhin bedingungslos und auch gegen die Interessen der Allgemeinheit decken bzw. unterstützen, so muß man doch bei aller Kritik bewundernd und anerkennend einräumen, daß es wahrscheinlich das Verdienst von Kanzlerin, Frau Angela Merkel ist, daß die Klimafrage derzeit überhaupt international zur Debatte steht. Nur durch ihren mutigen Vorstoß 2007, beim G8-Gipfel in Heiligendamm, ist nämlich die milliardenschwere Koalition der Klimawandel-Leugner zerbrochen. Der darauffolgende UN-Klimabericht hat dann wohl das übrige getan.
Wer über ein aktuelles Update für das Wahljahr 2013 interessiert ist, dem empfehle ich die Greenpeace Mailingliste; hier die Stellungnahme vom 23.Ausgust 2013.